Biografische Erzählkultur

Wie jede Kunst ist auch das freie mündliche Erzählen ein Handwerk, was durch Hinzufügen von Liebe zur Kunst wird. Aber wie erzähle ich meine Geschichte? Und wie erzähle ich meine erlebte Geschichte so, dass sie durch das Erzählen zu einem authentischen Stück aus meinem Leben wird? Kann ich in den Geschichten der anderen meine eigene Geschichte wiedererkennen? In der Begegnung mit diesen Fragen können wir unserem Bedürfnis nach Lösung, Wachstum und Entwicklung den individuellen oder gemeinschaftlichen Rahmen geben, den wir als Menschen brauchen. 

 


Die Idee

 In vier Modulen bereiten wir einen Erzählsalon vor. Das Thema des Salons ist stets ein anderes. Wir haben die vier Module so vorbereitet, das sie viele verschiedene Lebensfragen einbeziehen. 

Wir arbeiten den roten Faden aus, die Dramaturgie unseres Lebens, um anderen angemessen über unsere Erfahrungen zu erzählen: achtsam mit uns selbst, wahrhaftig in der Sache, verständlich fürs Publikum und als Mahnruf für die Zukunft. Dabei entdecken wir unseren Selbstwert und Selbstwirksamkeit neu, fördern das gegenseitige Verständnis und stärken in der unmittelbaren Begegnung des Erzählens den sozialen Zusammenhalt. Vor allem aber erfahren wir uns in der Formgebung unserer Erzählung als kreative und schöpferisch tätige Menschen! Kurz: Der Mensch wird erst durch das Erzählen zum Mitmensch. 


1. Erwärmen

Die Bauform einer Geschichte im Raum der Mündlichkeit: Was macht eine gute Geschichte aus? Was ist erzählenswert und warum? Wie stehen das Erzählen und das Zuhören zueinander? In unserem ersten Treffen geht es um die Bauform von Geschichten und ihre Archetypen sowie den Anforderungen des Erzählens, um unsere Hör-, Lese- und Sehgewohnheiten. Es wird deutlich: Alle guten Geschichten haben einen zugrundeliegenden Aufbau, der in seiner Tiefe die Reise der Seele durch das Abenteuer des Lebens in unterschiedlichen Stationen beschreibt. Welche Muster erkenne ich davon in meinem Leben? 

2. Individualisieren

Eine Form finden, um die eigene Geschichte erzählen zu lernen: Wir können vom Aufbau einer Ereignisfolge oder von einer einzelnen Begebenheit ausgehen, eine Alltagsgeschichte steht gleichwertig neben einem lebensverändernden Erlebnis. Welche Bilder und Szenen machen meine Geschichte aus? Einzelne Erzählschritte bilden wir in Storyboards ab, die uns darin unterstützen, uns unsere Geschichte anzueignen. Es gibt weitere Memotechniken, die wir kennenlernen. Unsere Fähigkeit zur Imagination wird dabei auch eine Rolle spielen.

3. Gestalten

Eine eigene Geschichte ausarbeiten: Geschichte – unsere Lebensgeschichte – bildet sich in Schichten aus. Anhand der Lebensjahrsiebente forschen wir nach Mustern, zufälligen und wiederkehrenden Geschichten und wählen daraus Episoden aus, welche unsere erzählte Geschichte am angemessensten beschreiben und die wir zum Erzählen gestalten möchten. Welche Lebensstationen wähle ich aus?

4. Üben

Die Erzählkultur in die Praxis bringen: Wir fangen an, uns unsere Geschichten zu erzählen. Dabei achten wir auf Gestik, Mimik, Blickkontakte und vor allem auf unsere Sprache. Die Gruppe gibt Rückmeldungen: Was war gut? Was hat mich berührt, was nehme ich mit? Während des gesamten Workshops haben wir praktische Übungen gemacht und nach und nach erleben können, worauf es beim Erzählen ankommt. Trainings aus Sprachgestaltung, Theaterpädagogik und Biographiearbeit haben uns geholfen, beim kommenden Erzählsalon nicht nur den Inhalt unserer biografischen Geschichte darzubieten, sondern Inhalt und Form in eine sinnvolle Übereinstimmung zu bringen. Am Ende des Workshops werden wir die Abläufe während des Erzählsalons geklärt haben.


Die Organisation

Ein Modul dauert 90 Minuten. Die vier Module können an vier verschiedenen Terminen, an zwei Terminen oder an einem Tag abgehalten werden. Die Gruppen sollte zwischen 6 und 12 Personen umfassen.

 

Sabine Wettig | Sozialpädagogin, Biografieberaterin, Theaterpädagogin

Peter Amsler | Pädagoge, Sprecher, Verleger des Erzählverlags

 

Mindestteilnehmerzahl: 8 Personen

Kostenbeitrag pro Person: 110,00 €, Ermäßigung 90 €


Die nächste Möglichkeit:

Freiheit und Glaube

Die Idee

Die Stiftergestalten aus der Religionsgeschichte haben ihre Lehren oft in Gleichnissen und bildhafter Sprache vermittelt. Diese Erzählweise half, komplexe geistige Wahrheiten und moralische Lehren zugänglich und einprägsam zu machen. Jesus Christus erzählte Gleichnisse wie das vom verlorenen Sohn, Buddha nutzte Parabeln, um das Leiden zu erklären, und Mohammed übermittelte Gottes Botschaft in poetischen Versen. Auch bei den Bahá'í, den Sufis, Sikhs oder im Hinduismus spielt das Geschichtenerzählen eine wichtige Rolle, um Orientierung zu bieten und das Verständnis grundlegender geistiger Werte näherzubringen – nicht selten auch, um mittels Humor das Schwere leicht zu machen. Umso mehr können unsere eigenen Geschichten anderen als Vorbild dienen, berühren und ermahnen – oder uns anderen Menschen näherbringen. Als soziale Wesen erzählen wir folglich immer.

Die Durchführung

In einem Erzählsalon versammeln sich Menschen, um zum Beispiel über das Thema "Freiheit und Glaube" zu erzählen. Jeder Anwesende bringt seine eigene Geschichte mit, und die Vielfalt der Perspektiven bereichert den Abend: Ein junger Mann erzählt von seiner Suche nach spiritueller Freiheit und wie er durch Meditation seinen inneren Frieden fand. Eine ältere Frau spricht über die Herausforderungen, ihren Glauben in einem Land zu praktizieren, in dem religiöse Freiheit eingeschränkt ist. Sie schildert ihren mutigen Kampf und die Unterstützung, die sie in ihrer Gemeinschaft fand. Ein anderer Teilnehmer, ein ehemaliger Priester, teilt seine Erfahrungen und Zweifel, die ihn dazu führten, seinen eigenen Weg außerhalb der institutionellen Religion zu suchen. Seine Geschichte regt eine lebhafte Diskussion darüber an, wie Freiheit und Glaube koexistieren können, ohne sich gegenseitig auszuschließen. Solche Geschichten verbinden die Teilnehmenden, fördern Verständnis und Toleranz und zeigen, wie wichtig es ist, diese Themen in einem offenen und respektvollen Dialog zu erkunden.

In den Workshops am 20. und 26. Juni bereiten wir uns auf einen Erzählsalon am 4. Juli im Rahmen der Begegnungstage im Kreuzberger Graefe-Kiez zum Thema "Freiheit und Glaube" vor. Wir sind der eigenen Geschichte auf der Spur, finden den roten Faden und entdecken Selbstwert und Selbstwirksamkeit neu und stärken sie. In vier Modulen bereiten wir den Erzählsalon vor: 
  • Was ist eine erzählenswerte Geschichte? 
  • Welche Erlebnisse möchte ich teilen? 
  • Wie erzähle ich meine erlebte Geschichte so, dass sie durch das Erzählen zu einem authentischen Stück aus meinem Leben wird?
Wir beschäftigen uns mit folgenden Fragen:

 

  • Hat mich mein Glaube frei oder unfrei gemacht?
  • Was konnte ich abgrenzen, worauf konnte ich mich einlassen?
  • In welchen Momenten in meinem Leben haben mich meine Fragen nach dem Sinn zu mehr Freiheit geführt?
Wir erfahren außerdem, wie wir eine "gute" Geschichte aufarbeiten und durch unsere Sprache, Gestik und Mimik beim Erzählen Wirkung entfalten.

Die Organisation

Leitung:
- Sabine Wettig | Sozialpädagogin, Biografieberaterin, Theaterpädagogin
- Peter Amsler | Pädagoge, Sprecher, Verleger des Erzählverlags

Der Workshop findet an zwei Nachmittagen in je zwei Modulen statt.

Ort: Nachbarschaftshaus Urbanstraße, Urbanstraße 21, 10961 Berlin
Zeit: Donnerstag, 20. Juni 2024, 18.00-21.00 Uhr und Mittwoch, 26. Juni 2024, 18.00-21.00 Uhr

Der öffentliche Erzählsalon findet anschließend am 4. Juli 2024, 19 Uhr statt. Die Teilnahme am Workshop ist von der Teilnahme am Salon unabhängig. Workshop und Erzählsalon werden gefördert und sind daher für die Teilnehmenden kostenfrei.

Anmeldung

Bitte formlos per E-Mail an kontakt@erzaehlverlag.de